Auswärts-Spiele, die am Mittag stattfinden, stellen immer eine besondere Herausforderung an Spieler und Staff. Insbesondere dann, wenn die letzten 4 Meisterschaftsspiele als abendliche Heimspiele im vertrauten EZO in Romanshorn stattfanden. Dies, gekoppelt mit der verschlafenen Atmosphäre im Churer Thomas Domenig Eisstadion, wo sich die Romanshorner Hechte mit Hilfe diverser Fahrzeuge einfanden, liess nicht auf einen fulminanten Start des sympathischen Teams in Weiss hoffen. Ein zartes Bangen kam dem Zuschauer auch beim Einlaufen auf: Ein Blick auf die beiden Eishälften verriet, dass die Churer Capricorns in beinahe doppelter Anzahl antraten. Einzig die Tatsache, dass grosse Teams zugleich auch den Nachteil eines anspruchsvolleren Coachings mitbringen, liess das zarte Bangen wieder in ein leichtes Hoffen wechseln. Grosse Teams haben normalerweise mehr Mühe, ihren Rhythmus zu finden, Spieler müssen länger auf ihre Einsätze warten – mit geschickter Taktik kann so der Spielfluss des Gegners unterbrochen werden … ob dies wohl gelingen würde?

Am Anfang des Spiels gar nicht. Die normalerweise geschickte Speilauslösung der Romanshorner wollte gar nicht auf Touren kommen. Zu schwerfällig und durchsichtig waren die Spielzüge der Pikes zu Beginn. Für die Churer Steinböcke war es zu einfach, das Zusammenspiel der noch schläfrigen Pikes zu unterbrechen. Ihr herdenartiges Anrennen überforderte die Pikes anfänglich, die Folge war nur logisch: Nach knapp 5 Minuten erzielte Chur das 1:0 in Überzahl. Nun, vielleicht war das gut so. Die Pikes wurden wach(er). Ohnehin ist es eine bewundernswerte Stärke der Romanshorner, dass sie sich durch Rückstände und Führungstore des Gegners normalerweise nicht gross beeindrucken lassen. Das Öl im Motor der Romanshorner begann – auch dank intensivem Coaching des Trainers –ab Mitte des 1. Drittels besser zu schmieren, die Pikes liefen besser und der Gegner fing Strafen ein. In der 15. Minute gelang dank einem prächtigen Spielzug der 1. Linie der Ausgleich der nun stärker aufspielenden Pikes.

Nachdem sich die Gegner im Mitteldrittel weitestgehend neutralisierten, zeichnete sich für das 3. Drittel – beim Stand von 1:1 – ein mit Spannung erwarteter Showdown ab. Und ab Beginn des letzten Drittels zahlte sich das detaillierte Coaching des Trainers endlich aus. Bereits im 2. Drittel wies Vlasti die Verteidiger konkret an, wie sie sich im Angriffsdrittel zu verteilen haben, um diverse Schusstärken und Positionen optimal auszunutzen. In der 43. Minute zahlte sich dies endlich aus, als ein satter Schuss von der blauen Linie – mit einem technischen Kabinettstücks des Centers der 2. Linie – herrlichst in Netz der staunenden Churer abgelenkt werden konnte.

Es gibt reizbare Herdentiere. Steinböcke scheinen zu dieser Gattung zu gehören. Sie nahmen das 1:2 in ihrem Heimstadion durchaus aus Anstoss und rannten nun unisono mit grosser Energie gegen das Drittel der Romanshorner an, die ihrerseits aber geschickt verteidigten. Zum Teil aber liessen sie sich zu dazu verleiten, Strafen zu nehmen, was das Team der Pikes in grosse Schwierigkeiten brachte. Eine ganze Hälfte des letzten Drittels wurde in Unterzahl gespielt, dabei teils in Doppelter Unterzahl und zum Schluss natürlich auch noch gegen 6 Churer, die zu Gunsten eines 6. Feldspielers auf ihren Torhüter verzichteten, um den Ausgleich erzielen zu können. Dabei machte Chur aber in den entscheidenden letzten Minuten einen wesentlichen Fehler, zu dem sich zahlreiche Coaches in solchen Situationen verleiten lassen: Sie nahmen ein Timeout. Damit zerstörten sie nicht nur ihren immer bedrohlicher werdenden guten Spielfluss. Sie gaben Vlastik damit die Möglichkeit, den 3 in Unterzahl spielenden Pikes kristallklare Anweisungen zu geben, wie sie sich zu verhalten und aufzustellen haben, um dem Ansturm der Capricorns zu widerstehen. Die Umsetzung dieser Anweisungen durch die 3 verbleibenden Pikes war nichts weniger als eindrücklich – und entscheidend dafür, dass das letzte Anstürmen Churs abgewehrt werden konnte. Chapeau Pikes. Es verblieben lachende Gesichter, gute Sprüche und ein guter Rest des Samstags.

Text: Martin Strnad

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